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Mit der Posenangel am Eisloch

Als wir mit dem italienischen Forellenangeln (Tremarella-Angeln) vor einigen Jahren begannen, hatte ich lauwarme Sonnentage mit einem milden Herbst- oder Frühlingswind vor Augen. Aus diesem Tag-Traum wurde ich spätestens durch einen Anruf von Boris Wagner vom Angelpark Wagner gerissen, als er mir mit seiner ultimativen Art verkündete "die Eisdecke ist geschlossen und trägt! Komm her, wir gehen Eisangeln!".

Was man nicht alles für Freunde tut... Ich machte mich mit Jörg Iversen von Tubertini/Fishing Tackle Max auf den Weg ins Sauerland und kehrte am Ende als begeisterter "Eislochjäger" wieder zurück. 

Das Gute an der Winterzeit ist, dass man sich am Morgen zu normalen Zeiten zum Angeln treffen kann. Jörg holte mich daher erst um 8 Uhr zum Eislochabenteuer ab. Uns stand eine 2-stündige Fahrt durch die arktische Kälte mit bis zu -15 Grad Celsius bevor. Jörg hatte extra Frostschutzmittel in die Scheibenwaschanlage gegeben damit wir die Salz-Schmiere von den Scheiben auch während der Fahrt absprühen konnten ohne dass uns die Düsen der Waschanlage laufend zu froren.

Pünktlich um 10 Uhr hatten wir unser Ziel, Lichtenfels im Sauerland, erreicht. Als ich die Füße vor die Wagentür setzte, dachte ich, dass ich in Sibirien angekommen war. Es herrschten mal lockere 20 Grad Celsius unter Null.  Angst, dass wir in dem Eis auf dem See einbrechen konnten, hatte ich nun nicht mehr. Jetzt hieß es sich schnell warm anziehen und raus auf den See!

Vorbereitung des Eislochs

Natürlich stellte sich uns auch hier wieder die Frage: "Wo gehen wir hin, wo sind die Fische?" Vorsichtig stapften wir auf den See und platzierten uns an einer tiefen Seestelle.

Der Eisbohrer lag für uns schon bereit und Jörg setzte sofort zum Durchstoß an. Hierzu musste er aber schon ganz schön bohren. Das Eis war schon etwas mächtiger, was mich wieder mehr beruhigte...

Jetzt ging es an die Herrichtung des Loches. Mittels einer Suppenkelle wurden die Eis und Schneereste aus dem Wasser gefischt. Hier empfiehlt sich immer eine Kunststoffkelle. Metallkellen frieren bei frostigen Temperaturen schnell überall an. Auch an den Fingern!

Damit das Wasser im Eisloch nicht so schnell wieder gefriert, hilft ein wenig hochprozentiger Alkohol, der auf das Wasser geschüttet wird. Er schwimmt auf dem Wasser und hält es so flüssig.

Danach holte Jörg einen Akkuschrauber aus seiner Tasche. Stolz schwang er diesen vor mir auf und ab, um dann kleine Löchlein für seine Rutenständer zu bohren. Hier könnte man natürlich auch Dreibeine verwenden.

Nun haben wir nicht jeden Winter solche Eisangelbedingungen, so dass es sich nicht unbedingt lohnt eine Eisangel zu besitzen. Zur Not tut es auch eine kurze Spinnrute mit mittlerem Wurfgewicht. Wir hatten eine Dorado Spin von Tubertini in 1,80 m Länge und einem Wurfgewicht von 10-30 Gramm zur Hand. Dazu setzten wir eine Vertigo-Rolle in der Größe 4500 und einer 0,20 mm starken Schnur ein.

Forellen sind im Winter besonders vorsichtig. Daher montierten wir für das Eisloch eine feine Tubertini-Pose des Modells Pro 66 mit einer Tragkraft von 0,3 Gramm. Diese Tragkraft verteilten wir auf der Schnur gleichmäßig zur Bleikette. So konnten wir jeden Zupfer am Köder sehen.

Am Ende unserer Montage befestigten wir eine Fluroine-Vorfachschnur mit 0,16mm Durchmesser mit einem Haken (Serie 22) der Größe 8.

Ihn bestückten wir mit Maden oder mit Bienenmaden. Jetzt konnte der Angelspaß beginnen...

Die Angeltechnik

"Wer zittert schneller. Die Rute oder der Angler?" Bevor wir mit dem Angeln jedoch los legen konnten, loteten wir unsere Stelle aus. Wir hatten uns einen recht tiefen Platz ausgesucht und von unseren Mitstreitern auf der Eisfläche hatten wir erfahren, dass die Forellen eher im Freiwasser herum schwammen. Also versuchten wir es zunächst mal genau in der Mitte auf ca. 2 m (es war 4 m tief).
Vorsichtig bugsierten wir unser feines Gerät in das kleine Eisloch und bewegten nun die Spitze langsam zupfend auf und ab. Die Kette mit den kleinen Bleien sorgte dafür, dass sich der Köder sehr langsam wieder abwärts bewegte. In der Zeit konnte man dann auch mal die Rute ablegen und die Finger wärmen. Kleine Pausen sind natürlich  erlaubt. Aber spätestens nach 2 Minuten sollte es wieder mit dem Zupfen und Zittern weiter gehen. Forellenangeln ist ein aktives Angeln. Die Fische reagieren fast nur auf Bewegungen. Sie möchten ihre Beute jagen. Also müssen wir auch für die Bewegung sorgen, auch wenn es bei -20 Grad schwer fällt.

Nach einer Stunde hätte ich am liebsten wieder die Klamotten eingepackt. Es biss nichts! Ich begann mit den beliebten kleinen Scherzen und sah Jörg schon als eingefrorenen Eisblock im Kellerwald verharren, als plötzlich seine Pose vor unseren Füßen das tänzeln begann. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen was für ein unglaubliches Gefühl das ist, einen Biss so hautnah vor seinen Augen beobachten zu können. Man kann die Pose förmlich greifen.

Nach einem kurzen Tänzeln schoss der Schwimmer plötzlich in die Tiefe. Die Rutenspitze bog sich im Rutenständer sofort nach unten und Jörg griff ein. Schon schrillte die Bremse mit dem schönsten Surren. Diese Momente sind beim Eisangeln besonders gefährlich. Die Eiskanten können die Schnur einfach zerschneiden. Zusätzlich können die gefrorenen Ringe die Schnur gewaltig schädigen so dass sie reißt. Der beste Weg, das zu vermeiden, ist die Rutenspitze sofort ins Eisloch zu halten. So kann der Fisch unter dem Eis zunächst Schnur nehmen ohne das etwas passiert. Danach drillt man den Gesellen langsam wieder ans Eisloch heran.

Dann folgt das große Finale. Man muss die Forelle zur Eis-Öffnung führen und die letzten Drillminuten mit den Fingern an der Schnur bewerkstelligen. Direkter geht das Angeln  nicht mehr. Hat man den Kopf der Forelle ins Eisloch bugsiert, hilft nur ein beherzter Griff ins eiskalte Wasser mit dem das Tier vorsichtig über die Lochkante auf das Eis befördert wird. Erst dann hat man es wirklich erfolgreich geschafft. Wer das einmal mit erlebt hat, wird sich immer wieder in der Winterkälte kalte Füße holen, um das unglaubliche Gefühl wieder und wieder zu erleben. Nicht umsonst ist Eisangeln in Russland einer der beliebtesten Volksbetätigungen. Ganz nebenbei sind Eisforellen besonders schmackhaft.

Ein Platz-Wechsel tut nicht weh.

Sollte sich an einem Eisloch nichts mehr tun kann man es wechseln und an einer anderen Stelle mit dem Bohrer aktiv werden. Verlässt man allerdings ein Eisloch, dann sollte es mit einem Reisig-Büschel markiert werden, damit nicht der nächste Angler direkt dort hinein tritt.

Eisangeln auf einen Forellensee, das ist eine Angelvariante, die ich jedem nur wärmstens (welch eine Wortwahl!) empfehlen kann.

Allerdings muss auch gesagt werden, dass Eisangeln nicht ungefährlich ist. Achtet darauf,dass ihr oder der See-Betreiber einige wichtige Sicherheitsregeln beherzigt. Leider kommen im Winter immer wieder Menschen beim Betreten von Eisflächen ums Leben. Ich betrete nur kleine Seen von Seebetreibern. Von Stauseen oder Baggerseen nehme ich Abstand. Gefährliche Unterströmungen und Wasserquellen können  an unvorhersehbaren Stellen dazu führen, dass die Eisdicke schnell und unerwartet sehr dünn wird. Ein Einbruch ist dann vorprogrammiert! Und wer  eingebrochen ist und keine Hilfe erwarten kann, hat nur geringe Überlebenschancen, auch wenn er beim Einbruch nicht unter die Eisdecke gerät. Also seid vorsichtig!

Euer
Jörg Iversen & Michael Schumm

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