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Normalerweise sieht man den 11-fachen Weltmeister Bob Nudd bei Veranstaltungen nur aus der Ferne. Seine Plätze sind weiträumig abgesperrt und aus 20 Metern kann man oft nur erahnen, was er gerade macht.
Dieses Jahr konnte fangplatz.de bei der Browning Champions Trophy ganz genau hinsehen. Ich saß dabei praktisch bei Bob auf dem Schoß und er erklärte mir jeden seiner Handgriffe.
Wer diesen Bericht gelesen hat, für den dürften (hoffentlich) keine Fragen offen bleiben, wie Bob sich bei diesen Fischen den zweiten Gesamtplatz in der Einzelwertung erarbeitet hat. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen...
Übrigens: Es gibt alles auch auf einem Film, den ihr auf fangplatz.de erwerben könnt.
Dieses Jahr waren die Browning Champions Trophy an der Saar in der Nähe von Saarbrücken (Luisenthal). Dieses Saar-Teilstück ist sehr langsam fließend und ein typisches Rotaugen-Gewässer. Also das ideale Revier für Bob Nudd, denn er ist ein ausgebuffter Rotaugenexperte. Schauen wir also, wie er an die Geschichte ran geht.
Sein Material.
Schon bei der peniblen Futter- und Köderkontrolle sah ich, was Bobs Grundbausteine waren. Ein dunkles, schweres Futter, ca. 1 Liter Caster, Maden und ca. 1/2 Liter Hanf. Bob ist dafür bekannt, dass er ohne seinen Hanf nicht ans Gewässer geht wenn Rotaugen zu erwarten sind. Bei dem Futter habe ich mich nicht richtig getraut, ihn ganz genau danach zu fragen. Es erschien mir aber sehr schwer mit wenigen Futterpartikeln aber mit sehr vielen Castern. Es war schwarz und meiner Ansicht nach sicher mit einem hohen Erdanteil.
Er angelte mit der Kopfrute auf 13 Metern. Eine Matchrute hatte er gar nicht erst aufgebaut (es war zu wenig Futter dazu erlaubt). Stattdessen lagen vier Kits einsatzbereit neben ihm (Montagen s. unten). Sehr sympatisch fand ich, dass er eben nicht jede Spielerei für sein Equipment hatte. Auch sonst erzählten mir die deutschen Betreuer, dass er keinerlei Extrawünsche äußerte und mit dem Einfachsten zufrieden war. Die Kits lagen z.B. auf seinem Futteral auf dem Boden, der Abroller war mehr als schlicht und auch die bei uns sehr beliebten Futterwannen in verschiedenen Größen suchte man an seiner Kiepe vergebens. Lediglich zwei Futtereimer hatte er mit. Links neben seiner Kiepe mit ausziehbarer Fußplattform befand sich ein Köderrondell mit vier Schalen. Rechts war sein Rutenclipp sowie ein Beistelltisch für seinen Futtereimer und sein Getränk. Letzteres war auch nötig, denn es war ein heißer Tag in jeder Hinsicht.
Die Montagen.
Natürlich streifte mein Blick zuerst über seine Kitmontagen. Das sah richtig britisch aus! Genau so ziehen die Jungs von der Insel los, wenn sie Rotaugen riechen.
An einem Kit war eine längliche schlanke Pose (ich kenne sie als "Tesse"). Ein Pulk von Bleien war über der Vorfachaufhängung geklemmt. Sie wird auf der Insel oft verwendet, um den Köder einfach mit der Strömung über den Futterplatz treiben zu lassen. Ab und zu mögen das die Rotaugen.
Die anderen drei Kits waren mit Browning Nevis Posen mit Tragkräfte 1,0, 1,5 und 2 Gramm bestückt. Die Bleie wurden in drei Abschnitte an der 0,09er Schnur befestigt. Der oberste Pulk bestand aus einer Bleiolive die nach unten durch drei Schrote gehalten wurde. über der Olive befanden sich 1-2 Feintarierungsschrote. Circa 20 cm unter diesem Pulk befand sich ein einzelnes Bleischrot - ich schätze der Größe No. 10 - etwa 20 cm tiefer war ein weiteres No. 10 Blei befestigt. Das Vorfach, an dem ein 22er Haken hing, hatte ebenfalls eine Länge von etwas mehr als 20 cm und eine Stärke von 0,06 mm. Diese Montage ist eigentlich eine der Klassiker, wenn in einem langsam fließendem Gewässer ganz leicht verzögert auf Rotaugen geangelt werden soll. Natürlich war die ganze Montage auf ca. 5 Meter gekürzt, damit ein optimaler Kontakt zum Beiß-Geschehen gegeben ist. In der Abbildung seht ihr die wichtigste Montage noch einmal im Detail mit der entsprechenden Posenform.
Die Vorbereitung.
Schon einen Tag vorher traf ich mit Bob an der Saar zusammen. Er wollte sein Material optimal für den Angeltag vorbereiten. "Dafür nehme ich mir immer ganz besonders viel Zeit." erklärt er. "Ganz wichtig ist schon im Vorfeld zu wissen, wie die einheimischen Angler hier fischen. Das verschafft einem einen besseren überblick. Am Ende entscheide ich meine Montage dann aber immer selbst."
Wie angekündigt lässt Bob sich beim Loten extrem viel Zeit. Jeder Zentimeter wird überprüft, ob evtl. irgendwo ein Stein absteht oder sich ein anderes Hindernis an der Angelstelle befindet. Ganz wichtig ist es immer, kleine Kanten, Löcher oder Huckel zu finden. Hier halten sich die Fische gerne auf.
Die Saar hat einen relativ sauberen Untergrund, lediglich ein paar Steine von der Randschüttung können etwas abstehen. Im nächsten Schritt ließ Bob seine Pose unzählige Male durch das Wasser treiben. Immer wieder variierte er etwas an seinem Blei, bis sie am Ende wie frisch geölt durch das Wasser glitt. Also ich dachte schon immer, dass ich das Bebleien und Ausloten übertreibe. Nachdem ich Bob dabei gesehen habe, weiß ich, was für ein Stümper ich noch bin, aber ich habe auch gelernt, was ich besser machen kann! ;-)
Der Start des Fischens.
Das Fischen begann mit der Vorfütterung. Nach einem Signal konnten die Akteure mit zwei Händen füttern. Dann durften die Futterballen nur noch mit einer Hand geknetet und geworfen werden. Jetzt sah man bei Bob die ganze Routine. Die Futterballen waren natürlich schon vorher geknetet. Sie waren richtig fest. Mit dem Start lief bei Bob das Programm ab. Er legte seine Montage mit auf 13 Metern auf den auserkorenen Angelplatz. Dann nahm er seine 12 Futterballen und warf einen nach dem anderen punktgenau rechts zwischen seine Rute und die Pose. Die Strömung der Saar war sehr langsam und floss von links nach rechts. Man konnte spielend mit 1 Gr. Posen in dem ca. 4 Meter tiefen Wasser angeln.
Danach kam seine Pole-Cup zum Einsatz. Er fällte sie mit seinem Hanf, ein paar Castern und entlerte sie auf 13 Metern etwas oberhalb von seinem Grundfutterplatz. 2 Pole-Cup-Füllungen waren seiner Meinung nach genug. Die Grundlage war gelegt! Neugierig fragte ich, weshalb er die Futterballen fast direkt auf die Pose warf und nicht etwas flussaufwärts? Seine Antwort: "Die Strömung ist hier so gering und mein Futter ist sehr schwer, da treibt nichts weg. Der Hanf und die Caster sind leichter und treiben etwas weiter ab bis sie auf dem Grund sind, daher habe ich sie etwas oberhalb mit der Polecup platziert. Der Hanf liegen dann auf meinem Futterplatz und die Caster etwas weiter unten. So entsteht eine schöne Spur."
Aha, dann haben wir das auch geklärt, dachte ich mir. Und schon startete das Angeln.
Das Angeln.
Bob präsentierte den Fischen einen Caster an seinem 22er Haken. Die Hakenspitze lag frei, wobei der Caster den halben Haken verdeckte. Schon nach der ersten Drift ging ein Rotauge an den Köder. Sicher und routiniert landete er es und der neue Köder war schnell wieder präpariert. So lief es die ersten 30 Minuten wie am Schnürchen. Mal waren die Fische kleiner und mal etwas größer. Bob war begeistert von dieser Angelei. "Ist das nicht ein wunderschönes Angeln, Michael?! Heute fängt jeder Fisch ohne viel zu füttern. Das ist ja besser als in England! Einfach phantastisch!" schwärmte er, während er ein Rotauge nach dem anderen in seinen Setzkescher verfrachtete. Zwischendurch schoss er mit der Schleuder seinen Hanf mit wenigen Castern etwa 5-8 Meter flussaufwärts auf die Höhe seiner Rutenspitze (auf 10-11 Uhr). Wir plauderten über das Angeln und die Jugend und natürlich auch über fangplatz.de. "Ich finde es wirklich klasse, dass ihr die Jugend vom Computer zum Angeln abholt. Sie sitzen meiner Meinung viel zu lange daran. Sie müssen raus in die Natur!" Recht hast du Bob! Wir arbeiten dran...
Doch plötzlich verschlägt er 2 Bisse. Für mich beruhigend, dass das auch einem mehrfachen Weltmeister passiert. Bob erklärt mir, dass das völlig normal ist. Gerade bei kleinen Rotaugen kann das immer wieder geschehen. Große Rotaugen wären da dann wieder einfacher mit Caster zu bekommen. Während er mit mir redete verschob er sein Bissanzeigerblei ca. 10 Zentimeter vom Haken weg. Damit die Abstände überall gleich blieben, verschob er auch die anderen Bleipulke um den selben Abstand nach oben. Und siehe da, bei der nächsten Drift hing das Rotauge wieder am Haken. "Geh nie davon aus, dass du die optimale Montage für die Session gefunden hast!" erklärte er mir. "Du musst sie immer wieder in Frage stellen und bei Bedarf nachjustieren." Kaum war der Satz ausgesprochen, schlug er nach einem Biss ins Leere. "Siehst du? Der Caster ist weg. Das Vorfach ist jetzt etwas zu lang." Er verschob das Bissanzeigerblei und die anderen Bleipulke nun wieder 5 cm nach unten. Lerne: Angeln ist eine stetige Variation der Montage. Nur wenn alles perfekt läuft, braucht nichts geändert zu werden. Und wann ist das schon der Fall...
So langsam ließen die Bisse nach. Bob vermutete, dass sich eventuell die Brassen am Futterplatz befinden könnten. Erst fing er die Rotaugen unterhalb von seinem Futterplatz, dann auf dem Futter und dann etwas über dem Futterplatz. Diese Bissausdünnung können Brassen verursachen. Bob machte jetzt 2 Caster an den Haken. "Große Rotaugen lassen sich von so etwas nicht beeindrucken und mögen 2 Caster. Eventuell sind ja welche da." Es schien mir fast so, dass er ein "Fischflüsterer" ist. Denn nach einigen Driften hatte er tatsächlich ein fettes Rotauge im Unterfangkescher. "Schau mal, sind das nicht wunderschöne Fische!" strahlte mich der immerhin schon 60-jährige Meister wie ein kleines Kind an. Bei ihm sieht man einfach bei jedem Handgriff, dass er das Angeln liebt und lebt.
Bei seinem nächsten Biss schießt das Gummi plötzlich aus seiner Rute. "Das ist eine Brasse!" sagte Bob sofort. Hatte er nicht eben noch die Gegenwart dieser Spezies vermutet?! Unglaublich, als ob Bob unter Wasser schauen kann. Allerdings ist auch er nicht ganz perfekt, denn den Brassen verliert er nach 1 Minute Drill auf dem Futterplatz.
Doch das kann ihn nicht aus der Ruhe bringen. Behaglich präpariert er seinen Haken neu und legt ihn wieder aus. Jetzt brennt es mir aber unter den Nägeln und ich frage: "Bob, du hast die Brassen auf deinem Platz! Warum wechselst du jetzt nicht auf eine deiner kräftigeren Montagen?" Geduldig antwortet er mir. "Du hast Recht, man könnte es probieren. Aber mir sind heute 2-3 sichere Rotaugen lieber als eventuell ein Brassen zu landen. Ich kann auch keinen fangen und dann habe ich kostbare Zeit verloren." Ok, das ist Ansichtssache. Mich hätte schon längst das Brassenjagd-Fieber gepackt! :-)
Und schon geht die Pose wieder sauber unter. Ein richtig typischer Brassenbiss. Und das Gummi schoss wieder aus der Rutenspitze. Dieses mal scheint der Brassen etwas stärker zu sein. Er zieht am Angelplatz hoch und runter. So geht es sicher 4-5 Minuten. Der Fisch ist mit dem feinem Geschirr einfach nicht an Land zu bekommen. Bob bleibt während der ganzen Zeit ganz ruhig. Und es kommt, wie es mit einem 18er Haken kommen musste. Das Tier schlitzt aus. Jetzt verzieht auch ein mehrfacher Weltmeister etwas die Miene. "Das wäre ein richtig guter Bonus-Fisch gewesen." murmelte er mir zu. Ich hatte ihm schon eingangs gesagt, dass ihm 1-2 Brassen in diesen Sektor gut zu Gesicht stehen würden, da sicher ein Teilnehmer 1-2 fangen könnte. Bob fing langsam an mir zu vertrauen. "Was denkst du, wie mache ich mich im Vergleich zu den anderen?" fragt er mich erwartungsvoll. "Gar nicht so schlecht. Du brauchst aber einen Brassen!" entgegnete ich ihm. "Dann sag mir, wie ich die Biester hier raus bekommen soll!" scherzte er. Nun ja, so wie Bob ging es heute einigen Teilnehmern. Viele spürten einen Brassen am Haken, sie bekamen ihn aber alle nicht raus. Am Ende belegte Bob einen top zweiten Platz im Sektor und was noch viel wichtiger war: Bob hatte richtig viel Spaß dabei gehabt. "Zu diesem Gewässer komme ich immer wieder.", sagte er mir noch beim Abbau. Ganz klar, die Session hat ihm gefallen und nebenbei hat sich ein weiterer Weltmeister für fangplatz.de engagiert.
Ich danke der Firma Browning für die tolle Unterstützung bei diesem Bericht.