Wer möchte das als Stipp-Narr nicht? Ein Tag gemeinsam mit einem der Besten in dieser Disziplin Angeln gehen.
Ich konnte dieses Erlebnis für fangplatz.de realisieren und natürlich lasse ich euch daran teilhaben. ;-)
In Teil 1 und Teil 2 der Serie habe ich mich mit Alan schon genau vorbereitet. In diesem letzten Teil kommen wir endlich zum Angeln und Fangen...
Nach all den Vorbereitungen war es höchste Zeit, das angerührte Futter auf den vorgesehenen Angelplatz zu befördern. Schon bei der ersten Fütterung brachte Alan die dicken Ballen zielgenau Kugel für Kugel ins Ziel, das ca. 1 Meter von seiner Rutenspitze flussabwärts lag. Man hätte einen 5-Liter Eimer in 13 Meter Entfernung hinstellen können. Ich bin mir sicher, man hätte das gesamte geworfene Futter dort drin wieder gefunden. "Beim Pole-Fischen im Fluss bei diesen Bedingungen ist es meiner Meinung nach ganz wichtig nicht genau auf der Rutenspitze zu füttern, sondern ca. 1 Meter flussabwärts von ihr. So kann man den Köder schon oberhalb der Futterstelle richtig ausrichten und ihn daraufhin behutsam über seinen Futterschwerpunkt treiben lassen. Das wird meiner Meinung nach oft verkehrt gemacht." findet Alan noch Zeit, mir seine Beweggründe für die Wahl des Futterplatzes zu erklären. Er ahnte wohl das ich gleich nachfragen werde.
Nach der Grundfütterung setzte bei Alan ein Automatismus ein, den ich in der Form und in der Präzision noch nie gesehen hatte. Das Kit wurde genommen, an die Rute gesteckt und die Pose einige Meter oberhalb der Futterstelle platziert. Alan achtete vor allem darauf, dass er auf dem letzten Absinkmeter einen direkten Kontakt zum Köder hatte. Hierzu führte er die Rutenspitze ganz behutsam in der Absinkgeschwindigkeite der Bleie mit ab. War dieser Vorgang abgeschlossen, knetete er mit der linken Hand einen kleinen Futterballen, stand auf wechselte den Ballen in die rechte Hand, wobei er mit der linken Hand die Rute punktgenau auf der Stelle hielt und warf das Futter exakt auf seinen Futterplatz. Dieses ging so schnell, in der Zeit hätte ich evtl. gerade mal meine Pose ausgerichtet. Das das alles auch noch viel viel schneller geht, zeigte er dann als die Rotaugen da waren. Man, kann man mit der verkürzten Kopfrute schnell und vor allem akkurat arbeiten. So etwas habe ich noch nie erlebt. Das war zweifelsohne Extraklasse!
Schon nach 10 Minuten entschied sich Alan seine Taktik zu ändern. "Das ist hier ein Albtraum!" brummte er und wechselte sein Kit. Albtraum? Was ist los? Er fängt jede Drift ein Rotauge! Ich wäre in dieser angenehmen Situation voll mit mir zufrieden gewesen und hätte viel mehr an volle Kescher und schöne Drills gedacht. Aber das waren für mich keine Albträume! Eher schon Wunschträume.
Was war Alans Ansicht also los?
"Unsere Informanten hatten uns erzählt, dass wir große Rotaugen fangen würden. Von denen fehlte aber jede Spur." Allerdings hatte Alan seine Montage genau dafür eingestellt. Eine 4 Gramm-Pose mit einer festen Olivette und kleinen Bleien im weitem Abstand zueinander. Außerdem war die Vorfachschnur mit 40 cm Länge sehr lang. "Diese Montage ist für das aggressive Beißverhalten der Kleinen zu langsam" erklärt er mir. "Der Haken muss schneller runter über den Grund und die Bleie müssen dichter zusammen. Sonst sehe ich die Bisse zu spät oder gar nicht. Außerdem habe ich zu viele Bisse während des Absinkens." erklärte er mir weiter. Klar, alles sehr logisch. Was war nun seine komplette Lösung?
"Ich verkleinere die Posen-Tragkraft, verlagere alle Bleie weiter zum Grund, verkleienere die Abstände zwischen den unteren Schroten und verkürze mein Vorfach auf 10-15 cm. Damit wird es besser." Gesagt, getan und schon gleitete die neue Pose wieder wie geölt durch das Wasser, wobei wirklich nur das obere Drittel der Antenne aus dem Wasser schaute.
Und siehe da: Die Rotaugen wurden größer. Kleine Änderung mit großer Wirkung. Hier wäre ich dann schon wieder mit meiner Zufriedenheit am Ende baden gegangen.
Nach 1 Stunde meinte Alan dann "Die haben doch gestern von Brassen gesprochen, Michael?" Ja hatten sie tatsächlich! Allerdings werden die eher Flussaufwärts gefangen. Dieser Einwand von mir war für Alan schon Grund genug es auszuprobieren und zu sehen, ob sich hier nicht doch noch eine Brasse versteckt. "Ich muss einfach vorbeugen" erklärt er mir "nach dem Fischen möchtest du hier ja noch eine halbe Stunde mit meinem Kram hier fischen. Ich kann mir das Abendessen mit dir redlich vorstellen, wenn du dann Brassen gefangen hast und ich es nicht mal probiert hätte." Oh wie Alan da Recht hatte!...
Er packte jetzt sein Cralusso-Bubble Kit aus. Es trug ebenfalls 3 Gramm und hatte das selbe Bleischema wie das 4 Gramm Kit, das er zu Beginn fischte. Allerdings lag nun das unterste Blei gerade eben auf dem Grund auf und der Haken war mit einem Mustad Größe 14 etwas größer und der Hakendraht war zudem etwas stabiler. Auf diesen Haken kamen nun auch 2 Caster. Diesen Köder ließ er ganz behutsam über den Futterplatz schlüren. jetzt allerdings auch viel viel weiter Flussabwärts als vorher. "Brassen stehen oft gerne ganz weit unter dem Futterplatz und bedienen sich von dem runter treibenden Ködern. Sie gehen der Unruhe der Rotaugen die laufend durch die Futterwolken schießen lieber aus dem Weg." erklärte er mir, während er jetzt die Pose auch fest an einer Stelle hielt. Die Experten sprechen hier auch gerne vom "Blockieren". Allerdings tat sich heute mit dieser Technik nicht besonders viel und Alan hatte Zeit mir die Vorzüge der Bubble Posen noch mal genauer zu erklären. "Das ist eine wirklich sehr feine Pose. Du kannst sie exakt führen, aber auch blockieren. Wenn du noch nicht weißt, wo die Reise bei der Köderpräsentation hin geht oder die Präsentation laufend geändert werden muss, ist diese Posenform für mich immer eine Option in wirklich allen Größen." Bumm, da knallte die Bubble auch schon mit einem Schlag unter! Wie bei den anderen Bissen wartete Alan wieder extrem lange: 21, 22, 23,...25 dann hob er endlich, vom rechten Beinoberschenke unterstützt, seine Shimano-Rute. "Sehr vorsichtige Fische leben hier..." Alans Aspire bog sich und der 6er Gummi schnellte aus der Spitze. Behutsam steckte Alan die Rute ab, wobei er die Spitze immer leicht unter die Wasseroberfläche hielt. Langsam bewegte er den Fisch dazu gegen die Strömung flussaufwärts zu schwimmen, um ihn dann mit der Strömung zu keschern. "Hier ist meine Brasse! Wo ist deine?" So, damit war wieder ein kleiner Wettstreit zwischen uns entfacht und Alan konnte einem friedlichen Abendessen locker entgegen sehen, wobei ich mich auf doppeldeutige englische Späße einstellen konnte.
Weitere Versuche mit der Cralusso Bubble blieben heute ergebnislos und Alan sattelte wieder auf die erfolgreiche Montage von vorhin um. Und prompt lief damit auch wieder fast bei jeder Drift ein Fisch ein. Nach drei schönen Angelstunden kamen zahlreiche Rotaugen zu Tage. "Michael, das war heute mein erster Angeltag in meinem Leben in Deutschland. Ich muss dir sagen, du hattest mir nicht zu viel versprochen! Die Anreise hat sich gelohnt, ihr habt hier wirklich einen sehr guten Fischbestand. Mein Kompliment an die Hüter der Gewässer. So jetzt zeig du mal was du kannst!" Mit diesen Worten räumte er seinen Angelthron und zeigte mir etwas provozierend den Weg. Oh, jetzt bin ich mit meinen Späßen vom Vortag aber gewaltig unter Druck geraten. Doch ich hatte Glück! Ich setzte mit der Bubble alles auf eine Karte und konnte am Ende tatsächlich noch eine Brasse ergaunern, nachdem sich schon 2 beim Drill verabschiedet hatten. Glücklicher Weise schienen die Brassen zum Ende der Session eingelaufen zu sein und ich profitierte jetzt natürlich davon und konnte meine großen Worte vom Angelbeginn Taten folgen lassen.
Mit diesen Fängen waren die besten Vorraussetzungen für ein friedlich-lustiges Abendessen geschaffen... :-)
Am nächsten Tag sollte dann der Shimano-Cup sein.
In der nächsten fangplatz-Serie erfahrt ihr, wie der Cup aus Alan Scotthorns Sicht lief und wer am Ende die Nase ganz weit vorne hatte.
Neuer Fangplatz.de-Film mit Alan Scotthorne.
Wir haben Alan auch mit dem Camcorder ganz genau auf die Finger geschaut! Dabei ist ein 80-90 minütiger Film in zwei Sprachen entstanden (wahlweise in deutsch oder englisch), in dem Alan und wir euch alle Details ganz genau erklären.
Außerdem sind einige Impressionen vom Shimano Cup 2006 enthalten.
Dieser neue fangplatz-Film dokumentiert auf interessante Weise, wie sich ein Weltklasse-Angler auf ein Hegefischen vorbereitet, was er dabei für Schlüsse zieht und wie er das Erprobte dann "im Ernstfall" anwendet, um am Ende ein Schlussfazit zu geben.
Der Film ist ganz sicher für jeden Friedfischangler ein echter Hingucker, der viele Einblicke gewährt.
Erscheinungstermin: Anfang Dezember 2006.
Ihr könnt euch das komplette Video kostenlos in der historischen Videosammlung ansehen.